Schlafstörungen und psychische Gesundheit

Durchschlafen, schneller Einschlafen – Schlaf beschäftigt uns und bestimmt, wie unser Tag verläuft. Wir haben den Experten Prim. Dr. Sergio Rosales-Rodríguez zu Schlafstörungen und psychischer Gesundheit befragt. Und uns gleich ein paar Tipps geholt. Dr. Rosales-Rodríguez ist Ärztlicher Leiter des Instituts für Psychiatrische Frührehabilitation und des Sozialpsychiatrischen Ambulatorium Floridsdorf.

DRW: Wie hängen Schlaf und Psyche zusammen?

Dr. Rosales-Rodríguez: Schlaf und psychische Erkrankung hängen eng zusammen. Auch in der Diagnose zahlreicher psychischer Erkrankungen spielen Schlafstörungen eine Rolle: Das verdeutlicht den großen Zusammenhang. Bei deliranten Zustandsbildern kommt es beispielsweise zu einer Schlaflosigkeit oder Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Bei manischen Zuständen sehen wir ein reduziertes Schlafbedürfnis und bei depressiven Zuständen wiederum sehen wir oft ein Früherwachen.

DRW: Wie viel Schlaf ist zu wenig?

Dr. Rosales-Rodríguez: Bei dieser Frage muss man vorsichtig sein. Die Menschen hören immer „man sollte acht Stunden am Tag schlafen.“. Zum größten Teil kommen diese Aussagen aus Untersuchungen der allgemeinen Population. Leute werden gefragt: „Wie viele Stunden schlafen sie am Tag?“ Die Antworten sind natürlich verschieden und es kommt zu einer bestimmten Bandbreite. Am Ende wird aber ein Durchschnitt errechnet: acht Stunden. Das heißt nicht, dass alles darunter oder darüber krankheitswertig ist, es heißt nur, dass im Durchschnitt die Leute acht Stunden schlafen. Warum erkläre ich das? Weil letztendlich die Gesamtschlafzeit eine große Rolle spielt, wenn diese in Zusammenhang mit dem individuellen Schlafbedürfnis betrachtet wird.

DRW: Was passiert, wenn das Schlafbedürfnis nicht erfüllt wird?

Dr. Rosales-Rodríguez: Wenn tatsächlich eine reduzierte Gesamtschlafzeit bezogen auf das individuelle Schlafbedürfnis seit längerer Zeit besteht – also, wenn eine Person an ihren Bedürfnissen gemessen insgesamt zu wenig schläft – ist mit psychischen und organischen gesundheitlichen Folgen zu rechnen. Der Einfluss von reduzierter Gesamtschlafzeit auf psychische Erkrankungen, aber auch auf das Immunsystem oder endokrine Erkrankungen wie Diabetes ist erwiesen. Ebenfalls kann eine chronisch verkürzte Gesamtschlafzeit zu einer Verkürzung der Lebenszeit führen.

DRW: (Ab) Wann sollte ich mir professionelle Hilfe suchen?

Dr. Rosales-Rodríguez: Professionelle Hilfe sollte jederzeit bekannt und verfügbar sein. Vor allem in Hinblick auf die Überflutung an Informationen, die durch die vielen (digitalen) Medien verursacht wird. Als Laie wird es noch schwieriger, die Richtigkeit von Aussagen zu überprüfen. Daher ist professionelle Hilfe wichtig – auch im Sinne einer primären Prävention. Das heißt, bevor überhaupt Beschwerden auftreten, können Maßnahmen ergriffen werden, um die eigene Gesundheit zu erhalten.

DRW: Wie können Fehlinformationen bezüglich Schlaf schaden?

Dr. Rosales-Rodríguez: Bestimmte Menschen haben für sich gewisse Regeln aufgestellt, die eher Krankheiten begünstigen. Wenn ich zum Beispiel denke: „Der beste Schlaf entsteht vor 19 Uhr“, weil ich das irgendwo gelesen habe, werde ich versuchen, mich früher schlafen zu legen. Höchstwahrscheinlich werde ich aber erst nach ein paar Stunden Liegezeit einschlafen können. Das führt dazu, dass ich mich dann jedes Mal ärgern werde, wenn ich nicht rechtzeitig schlafen kann. Es kommt in weiterer Folge zu einer Anspannung vor dem Schlafengehen, was wiederum die Einschlafzeit verlängern wird, da ich nicht angespannt einschlafen kann. Es entsteht ein Kreislauf, was mit einer Insomnie endet, der durch eine professionelle Psychoedukation rechtzeitig unterbrochen hätte werden können. Natürlich ist professionelle Hilfe zu holen, wenn Schlafstörungen die Lebensqualität, egal auf welcher Ebene, mindern. Optimal wäre es natürlich, sich viel früher Hilfe zu holen.

Tipps für bessere Schlafgewohnheiten:

  • Schlafstätte nur für Schlaf und sexuelle/intime Aktivität nutzen: So kannst du sich selbst konditionieren. Das Bett bedeutet Schlafen, wenn man sich dort hinlegt.  
  • Routine hilft: Versuch so oft es geht zur gleichen Uhrzeit ins Bett zu gehen.
  • Zur Schlafenszeit keine aufputschenden Substanzen konsumieren (Koffein, Alkohol, schwere Mahlzeiten)
  • Aktivierende Aktivitäten (z.B. Sport) ausschließlich unter Tags betreiben: Als große Faustregel könnte man sagen, sei aktiv während des Tages und treibe eher entspannende Aktivitäten in den Abendstunden.
  • Runterkommen: Abends ein Buch lesen oder Hörbuch anhören wirkt entschleunigend und beruhigt.
  • Lüften: Genügend Frischluft im Schlafzimmer hilft nicht nur, besser einzuschlafen, es fördert auch einen erholsameren Schlaf.

Schlaf und Psyche in Zahlen: Eine Studie mit über 25.000 Personen aus ganz Europa stellte 2001 den Zusammenhang zwischen Schlaf und psychischen Erkrankungen fest (Ohayon und Roth). Von den ca. 27% der Befragten, die Schlafstörungen angaben, litt etwas weniger als die Hälfte auch an einer psychischen Erkrankung. Streng medizinisch definiert waren nur 17% der Befragten von einer Schlafstörung betroffen, von diesen litten aber ganze 65% auch an anderen psychischen Erkrankungen.

#NeueMännlichkeiten für die Psyche

#NeueMännlichkeiten für die Psyche – Männergesundheit im Fokus

Es ist Movember – das Monat der Männergesundheit! Das werden wir nutzen, um den Fragen nach heutigen Männlichkeit(en) auf den Grund zu gehen. Was können Männer, was dürfen sie und was sollen sie? Was bedeutet „Mann sein“ im 21. Jahrhundert? Und warum sind diese Fragen relevant für die Gesundheit?

Männer und Gesundheit

Der Monat November dient dazu, das Bewusstsein rund um die Gesundheit von Männern zu fördern. Das betrifft natürlich auch die psychische Gesundheit. Egal ob anhaltende Knieschmerzen, eine gebrochene Hand oder psychische Krisen – professionelle Hilfe, frühmöglichste Behandlung und Achtsamkeit sind in allen Fällen notwendig. 2004 erschien der erste Österreichische Männergesundheitsbericht mit besonderer Berücksichtigung der Männergesundheitsvorsorge. Hier zeigte sich, dass sich Männer, statistisch gesehen, im Durchschnitt gesünder einschätzen als sie sind.

Darin steht auch:

„Bei Männern dürfte es der gegenwärtigen Rollenerwartung entsprechen, weniger sorgsam mit dem eigenen Körper zu sein, als Frauen.”

1. Österreichischer Männergesundheitsbericht

Die Folge davon: 

  • Männer neigen beruflich und in der Freizeit zur Überbeanspruchung ihres Körpers und bemerken Probleme später als Frauen, die regelmäßig einen Frauenarzt konsultieren
  • Bei Männern wird erst in einem höheren Lebensalter die Notwendigkeit der regelmäßigen Untersuchung durch einen Urologen evident. 
  • Selbst wenn Männer im höheren Lebensalter um die Notwendigkeit von Vorsorgeuntersuchungen Bescheid wissen, nehmen sie diese meist erst in Anspruch, wenn eine deutliche Symptomatik aufgetreten ist. 

Rollenbilder und Männlichkeit

Bereits der vor mehr als 15 Jahren erschienene Bericht stellte fest, dass “Rollenerwartungen” von und an Männer ihre Gesundheit beeinträchtigt. Auch andere Rollenklischees hindern Burschen und Männer daran, die Hilfe in Anspruch zu nehmen, die sie brauchen: “Männer reden nicht über ihre Gefühle”, “Männer weinen nicht”, usw.. Das zeigt sich auch beim Thema psychische Erkrankungen. Denn einerseits ist das Aufsuchen von Unterstützung schwieriger, andererseits sind die Symptome etwa bei einer Depression andere als bei Frauen. Depressive Symptome sind bei Männern eher Aggression, Gereiztheit oder exzessiver Konsum. 

Das Bild von Männlichkeit ist geprägt von Schlagwörtern wie Stärke, Kraft, Durchsetzungsvermögen und Dominanz. Dieses Bild schadet nicht nur der Gesellschaft, sondern auch dem einzelnen Mann. Daher wollen wir uns im Movember mit neuen Perspektiven und Ansätzen beschäftigen. 

Quellen:

Neun Tipps, die helfen können

Offen über psychische Erkrankungen zu sprechen, erfordert Mut. Auf Twitter hat genau diesen Mut @FrauBadbits vorgemacht. Denn offen über unsere psychische Gesundheit zu reden, das kann auch anderen Kraft und Hoffnung geben. @FrauBadbits leidet unter Posttraumatische Belastungsstörung, Depressionen und Angststörungen. Nachdem sich die Panikattacken in letzter Zeit deutlich verringert haben und Angstzustände schon monatelang nicht mehr eingetreten sind, hat sie zusammengefasst, was ihr persönlich geholfen hat. Via Twitter hat sie diese Tipps geteilt – um anderen nicht nur Inspiration zu geben, sondern durch ihre persönlichen Erfahrungen auch Hoffnung zu erzeugen:

sich gegenseitig Halt geben
Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash

1. WATCH YOUR BODY Ok ok, das machen Panikler*innen sowieso vielleicht ein bisschen zu viel. Aber macht es trotzdem, nur eben richtig. Lasst euch EINMAL von Ärzt*innen durchchecken. Wirklich. Nur ein einziges Mal. Und zwar nicht auf eine super seltene Krankheit, sondern lasst nachsehen, ob die gängigsten Auslöser für Angst und Depressionen bei euch ok sind. Das sind die Schilddrüse und Nährstoffe. Bei den Nährstoffen am üblichsten: Eisen, Zink, Selen, Jod, B12 und D3 Ist alles bei euch okay, dann ist es die Psyche. Und das ist nicht schön, aber ok.

Wieso das so wichtig ist? – ihr habt die Gewissheit, dass ihr körperlich ok seid und das hilft – wenn es euch körperlich nicht gut geht, seid ihr psychisch auch weniger widerstandfähig. Das ist normal. – wenn‘s eine körperliche Ursache hat, könnt ihr machen was ihr wollt: Es wird nicht besser, wenn die Ursache nicht behoben wird.

2. MOVE THAT ASS „Mach doch einfach Sport“ hat noch nie jemanden geholfen. Wird es auch nicht. Menschen mit Depressionen können nämlich oft gar kein Sport machen. Wenn sie es könnten, ginge es ihnen nicht so schlecht, wie es ihnen geht und das wäre schon gut. ABER:

Bewegung hilft leider tatsächlich. Und dabei muss es nicht mal Sport sein. Aufräumen, spazieren … die alltäglichen Dinge eben helfen oft auch schon. Und wenn‘s ganz doll am Antrieb hapert, hilft es mir immer, einen Timer zu stellen. Ich kann nicht alles schaffen, aber ich kann 5 oder 10 Minuten zumindest etwas schaffen. Und man fühlt sich gleich besser. Und zum Sport … tja.. also wenn ich einem psychisch kranken Menschen eine „Sportart“ empfehlen müsste, wäre es Yoga. Und zwar aus guten Gründen. Yoga hilft erwiesenermaßen am allerbesten. Wieso?

Ganz einfach. Man hampelt nicht sinnlos rum. Man kommt ins spüren. Man meditiert, kommt zur Ruhe und strengt sich doch manchmal ganz schön an. Alles in einem, sozusagen. Und man kann seine Praktik immer seiner Laune anpassen. Insbesondere „Umkehrhaltungen“ helfen ungemein, weil

Frau beim Betreiben von Sport
Photo by Emma Simpson on Unsplash

3. BE SPIDER(WO)MAN Spinn dir ein Sicherheitsnetz. Such dir Leute, die dich verstehen. Online, in Selbsthilfegruppen. Vertrau dich Freunden und Familie an. Psychiater*innen, Therapeut*innen – alles was irgendwie helfen kann. Spinn dir ein Netz. Das ist mit das allerwichtigste!

4. FEED YOUR SOUL Mach mal die Augen zu. Also nur kurz. Atme mal tief ein und aus. Und dann frage dich, was dir gerade guttun würde. Irgendwas realistisches. Und wenn dir nichts einfällt: was hat dir in der Vergangenheit gutgetan? Wo hast du dich wohlgefühlt? Wobei hattest du Spaß? Wo konntest du Kraft tanken? Vielleicht möchtest du im Wald spazieren. Oder mal wieder schwimmen gehen. Vielleicht auch nur eine Tasse Tee trinken. Oder einen extra leckeren Kuchen essen. Was auch immer es ist, was dir guttut: tu es. So oft es geht. So viel es geht.

5. DANCE LIKE NO ONE IS WATCHING Das Leben ist ein Tanz. Kein Sprint. Nicht mal ein Marathon. Es ist ein Tanz. Mal gehts 2 Schritte vor, dann einen zurück. Vielleicht auch mal einen zur Seite. Wie auch immer. Tanze einfach in deinem Rhythmus.

Es ist völlig okay, wenn du ein paar Fortschritte gemacht hast und dann ein Rückschlag kommt. Oder wenn du merkst, dass du mit deiner Strategie nicht weiterkommst und du dann eine andere ausprobierst. Es ist nicht nur okay, sondern es ist richtig richtig gut, denn so lernst du unfassbar viel über dich und das Leben. Such dir den Soundtrack deines Lebens aus und dann Tanz dazu.

6. THE BEST VERSION OF YOU IS YOU Klingt komisch, ist aber so. Es gibt Gründe, sehr gute Gründe, warum es dir momentan nicht gut geht. Das ist nicht schön, aber okay. Du musst da sein, wo du gerade bist und wie du gerade bist, denn das ist genau richtig. Und wenn du das akzeptiert hast, dann mach nochmal die Augen zu, atme noch mal und dann stell dir mal vor, wie du wärst, wenn du absolut psychisch gesund und glücklich wärst. Wie würde sich das anfühlen? Was wäre in deinem Leben anders? Was würdest du anders machen? Mach‘s!

7. BETTER SAVE THAN SORRY Macht euch einen Notfallplan. Wenn ihr wisst, dass ihr in eine für euch schwierige Situation macht, bereitet euch vor. Fragt euch, was das absolute Worst-Case-Szenario ist (das wisst ihr ja eh) und dann überlegt euch Handlungsoptionen.

Beispiel: ich bin mit BFK alleine zuhause. Worst-Case: er verletzt sich und muss ins Krankenhaus. Und ich hab kein Auto. Handlung im Fall: Rettungswagen rufen Alternativer Gedanke: bisher ist das noch nicht passiert. Ich kann gut auf mich und mein Kind aufpassen.

Notausgang-Schild
Photo by Andrew Teoh on Unsplash

8. KNOW YOUR ENEMY Psychische Erkrankungen haben viele Gesichter. Und zwar alle. Kenne deine ganz genau. Erkenne sie frühzeitig. Lerne alles über deine Erkrankung. Je besser du sie verstehst, desto besser kannst du dich wappnen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass man sein Gehirn voll gut verarschen kann? Wenn man 2 Minuten lächelt, fängt das Gehirn an, Glückshormone auszuschütten. Die Muskeln, die man zum Lächeln braucht sagen den Nerven „keine Ahnung warum, aber ich scheine fröhlich zu sein“ und die Nerven sagen „ok alles klar, ich sag’s dem Gehirn“. Das Gehirn checkt die Lage und denkt sich „komisch, fröhlich sehe ich hier nicht, aber die Muskeln müssen es ja wissen. Hier paar Botenstoffe, will ja niemandem im Weg stehen“

9. IT’S ONLY CHEMISTRY Bei psychischen Erkrankungen herrscht immer ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn vor. Das kann man ausgleichen. Mit Sport zum Beispiel. Es sei denn, man ist krank, dann nicht. Weil man dann kein Sport machen kann. Aber dann kann man Medikamente nehmen, die dafür sorgen, dass es euch besser geht im besten Fall. Viele Antidepressiva zum Beispiel funktionieren so, dass sie die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen. Das bedeutet, Serotonin (macht glücklich) bleibt länger im synaptischen Spalt. Ich will jetzt nicht so sehr ausschweifen. Nur kurz gesagt: die eine Zelle sagt der anderen länger, dass es euch gut geht. Man kann’s ja mal probieren.

Nachtrag: mein Wissen bezüglich Antidepressiva ist offensichtlich veraltet. Das liegt daran, dass ich mich 1x schlau gemacht hab, bevor ich zum ersten Mal welche nahm. Das war mit 18 – seitdem nicht mehr, weil es für mich plausibel klang und die Medikamente mir heute noch helfen.