Seit meinen Zwanzigern leide ich phasenweise an Depression. Meine letzte Episode war besonders schwierig, da sie einsetzte als ich gerade meinen Traumjob ergattert hatte.
Eigentlich hätte ich überglücklich sein sollen, aber das war ich nicht. Ich habe meine Erkrankung als ein schwarzes Loch im Bauch empfunden, das all meine positiven Gedanken in Antriebslosigkeit, Gleichgültigkeit und Angst umwandelte.
Im Büro habe ich die meiste Energie nicht in die Arbeit gesteckt, sondern damit verschwendet, fröhlich und motiviert zu wirken. Denn ich habe mich für meine Depressionen geschämt. Ich wollte nicht, dass meine neuen KollegInnen von mir dachten, ich sei komisch oder weinerlich. Ich hatte Angst, dass sie mich von Anfang an ausschließen würden, wenn ich mich eben nicht verstellte.
Dabei fand ich es unglaublich schwer, mich jeden Morgen aufzuraffen und in die Arbeit zu gehen. Denn die Nächte waren schrecklich. Ich lag stundenlang wach und machte mir über alles Sorgen. Wenn ich eventuell in einen unruhigen Schlaf rutschte, wachte ich kurz darauf wieder verschwitzt und gestresst auf – und das Nacht für Nacht. Am Morgen war ich komplett ausgelaugt und voller Angst vor dem bevorstehenden Tag.
Das ging nur so lange „gut“, bis es mir einfach zu viel wurde und ich mein schwarzes Loch nicht mehr verstecken konnte. Ich habe mir dann professionelle Hilfe geholt und eine Auszeit genommen. Wären Depression und andere psychische Erkrankungen nicht dermaßen mit Vorurteilen behaftet, hätte ich wahrscheinlich früher mit jemandem geredet und hätte vielleicht auch keinen Arbeitsausfall gehabt.
Jetzt bin ich wieder zurück im Job und es geht mir gut – meine Therapie hilft mir sehr. Ich schaffe es auch meine depressive Phasen soweit im Griff zu haben, dass ich im Alltag und in meinem Berufsleben nicht einschränkt bin. Meine KollegInnen wissen von meiner Erkrankung und nehmen Rücksicht darauf. Ich bereue es, dass ich nicht früher darüber gesprochen habe – reden hilft, und wenn jemand zuhört, hilft das noch mehr.
Oft sind Menschen irritiert, wenn sie erfahren, dass ich an Depression leide und dennoch so gut in meinem Job bin und mein Leben meistere. Das ist auf eine gewisse Art und Weise schon verletzend – Ja, es ist eine Erkrankung, aber trotzdem kann man ein gutes Leben damit führen. Es braucht dazu nur den Zugang zu einer Therapie und zu notwendigen Hilfsangeboten – und natürlich den Mut Hilfe anzunehmen. Ich bin froh, dass ich diese Schritte getan habe.