Schon in meiner Jugend bemerkte ich, dass ich Dinge anders wahrnehme als andere – viel intensiver und manchmal auch verzerrt. Zum Glück hatte ich ein funktionierendes Umfeld, das bemerkt hat, dass es mir nicht gut geht. So stand bei mir nach wenigen Besuchen beim Psychiater die Diagnose fest.
Meine Stimmung kann sich von einen Moment auf den anderen schlagartig ändern. Der viel strapazierte Spruch „himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt“ trifft es ganz gut. Ich kann meinen eigenen Emotionen oft nicht trauen: Ich werde schnell zornig, das kann sich aber genauso schnell wieder legen. In solchen Situationen darf ich keine voreiligen Schlüsse ziehen, um Freundschaften oder meine Beziehung nicht aufs Spiel zu setzen. In meinem Familien- und Freundeskreis kennen mich mittlerweile alle gut genug, um zu wissen, dass ich manche Aussagen nicht so harsch meine wie sie sich anhören.
Seit der Therapie geht’s bergauf.
Es gibt stabilere und instabilere Phasen. In den Medien werden BorderlinerInnen oft als manipulativ und kaltherzig dargestellt. Solche wird es natürlich auch geben. Ich kenne aber mittlerweile einige betroffene Frauen und Männer, die alle sehr sensible und warmherzige Menschen sind. Von unserem impulsiven Verhalten darf man sich nicht täuschen lassen. Wir machen zwar oft unbedachte Dinge, aber nicht aus bösartigen Motiven heraus.
Meine Beziehung leidet bestimmt unter meiner Krankheit. Aber ich denke, mein Freund kann mittlerweile damit umgehen (ein großes Danke an ihn dafür!). Das könnte bestimmt nicht jeder. Und ich arbeite mit meiner Therapeutin ständig an meinen Verhaltens- und Denkweisen. Die Therapie ist allgemein ein wichtiger Pfeiler in meinem Leben, ohne den es mir bestimmt nicht so gut mit meiner Krankheit gehen würde. Natürlich nervt sie mich jeden einzelnen Tag und ich würde gerne mit anderen tauschen. Aber darum geht’s nicht. Die regelmäßigen Therapieeinheiten befähigen mich, ein geregeltes Leben zu führen und vernünftige, fundierte Entscheidungen zu treffen. Es ist ständige Arbeit an einem selbst. Zu wissen, dass man nicht die Einzige mit dieser Krankheit ist und Hilfe hat, macht es leichter.