Weihnachten war schon immer schwierig für uns. Oder besser gesagt: Die Zeit vor Weihnachten war schon immer schwer – zumindest seit Klara 4 Jahre alt war und ich nur mehr allein für sie da sein konnte.
Man ist einfach sehr unter Druck, weil das Geld knapp ist, weil der Vergleich mit anderen Familien einfach immer da ist und man Tag für Tag versucht, all das auszugleichen. Ganz nebenbei soll man dann auch noch einen Job machen, der zum Jahresende hin auch immer extrem stressig wird. Die Weihnachtszeit war deshalb immer ein Kraftakt, bis wir dann endlich zu zweit am 24. unter dem Baum sitzen konnten und ich endlich mal Zeit hatte, kurz Luft zu holen.
Ich hab früher immer versucht, in all dem Stress schöne Momente für mich zu finden. Wir sind einmal die Woche durch die Stadt spaziert, um einfach abzuschalten, die Weihnachtsbeleuchtung zu genießen und uns Geschichten zu den Motiven auszudenken. Das waren unsere Highlights – für Klara und für mich.
Doch heuer … heuer ist einfach alles anders. Es ist noch stressiger, noch mehr Druck, noch weniger Zeit zum Luft holen. Die Geldsorgen sind größer und unsere Spaziergänge fehlen uns Tag für Tag.
Klara ist im Herbst in die Schule gekommen – das allein war schon ein finanzieller Kraftakt – aber die psychische Belastung durch Covid-19 hat das alles noch einmal um vieles schwerer gemacht. Die Lehrkräfte geben sich wirklich größte Mühe, aber sie sind auch am Limit. Es ist für niemanden leicht, das weiß ich. Aber ich will, dass Menschen wissen, wie sehr wir hier struggeln, wie schwer es gerade ist.
Das ist Klaras erstes Schuljahr – mit Lockdown, mit wenig bis keinem Kontakt zu ihren neuen KlassenkollegInnen und dann kommt jetzt auch noch eine Vorweihnachtszeit, die von Ungewissheit und Sorgen geprägt ist. Ich versuche stark zu sein und all die Angst um meinem Job, die Existenzängste wegen der Kurzarbeit vor ihr zu verstecken, aber ich weiß das gelingt nicht immer. Sie bekommt all das natürlich mit und das macht mich noch trauriger. Es gab in den letzten Wochen Zeiten, an denen ich fast jeden Tag weinend zu Bett gegangen bin, weil ich nicht mehr weiß was ich machen soll. Oft zittern meine Hände und mein Herz rast.
Ich habe Angst, dass es so weitergeht oder vielleicht noch schlimmer wird.
Ich habe Angst, dass meine Mutter krank wird.
Ich habe Angst, dass Klaras Zukunft gefährdet ist.
Und so kleinlich das klingen mag: Ich hab‘ Angst, dass es zu Weihnachten Tränen gibt.
Eine Freundin hat geraten, dass ich mir Hilfe hole und sie mich dabei auch unterstützen kann. Ich bin gerade dabei Hilfsangebote zu recherchieren. Die Sorgenhotline der Stadt Wien hat mir auch schon zweimal sehr gut weitergeholfen, weil es einfach gut tat mal darüber zu sprechen – das Gefühl zu haben, dass ich nicht allein bin und dass jemand zuhört. Deswegen schreibe ich auch diesen Brief. Ich bleibe dran.
An all diejenigen, die gerade in ähnlichen Situationen sind: Ihr seid nicht allein, es gibt Menschen, die genau gleich fühlen, bangen und kämpfen wie ihr. Und es gibt Menschen, die helfen können. Zögert nicht um Hilfe zu fragen: egal ob es nur ein Gespräch, ein Ratschlag, eine Unterstützung oder professionelle Hilfe ist – um Hilfe zu fragen, ist keine Schande. Bitte tut es.